Kleists Amazonen-Drama auf der Bühne

2014_03_dsEin Jahr lang Kleist – das hatten sich die Kurse Darstellendes Spiel am Louise-Henriette-Gymnasium in Oranienburg vorgenommen. Am Sonnabend fiel nach vielen Proben der zweite Vorhang für die Premiere des Dramas um „Penthesilea“.
Blutverschmiert: Penthesilea, gespielt von Lea Thomes (vorn), führt als Königin das kriegerische Volk der Amazonen an. Eine starke Persönlichkeit war für diese Rolle gefordert.
Ganz demokratisch habe sich der Kurs Darstellendes Spiel der Klasse 12 des Louise-Henriette-Gymnasiums sowohl für das Stück als auch für die Besetzung entschieden. Nur ein wenig nachgeholfen habe Lehrer Achim Dawid, als er sagte, dass es in der Runde eine „Penthesilea“ gebe. Es habe keine passendere für die Hauptrolle geben können, als Schülerin Lea Thomes, erklärt der Lehrer. „Das Stück lebt von einer starken Protagonistin.“ So entschieden sich die Kursteilnehmer für das im Jahr 1909 erschienene Werk von Heinrich von Kleist.
Am Sonnabend zur zweiten Aufführung ist es in der Schulaula still. Die Schüler stehen in weißer Kleidung im Dunkel. Eine junge Frau tritt an das von der Decke hängende Mikrofon und spricht: „Träume süß, schlafe sacht. In die dunkle Nacht.“ Das Spiel um Liebe und Hass beginnt.
Penthesilea, die Königin der Amazonen, deren Volk ausschließlich aus weiblichen Kriegerinnen besteht, duldet keine Männer. Sie bewahren sich den Brauch, im Kampf die Männer zu erobern, um sie nach dem Rosenfest voller Liebe und dem Zeugungsakt wieder in die Freiheit zu entlassen. Ein neues Gefühl spürt Penthesilea jedoch, als sie im Kampf um Troja gegen das Heer der Griechen auf Achill trifft. Ein intensives Spiel zwischen Annäherung und Zweifel, Lust und Misstrauen, Hingabe und Angst entsteht.
Jeder der Darsteller bleibt in seiner Rolle. Stark sind die Gruppenleistungen, die Kämpfe, die Kontaktimprovisationen. Beeindruckend ist der Sprechchor der Frauen am Ende. „Daran haben wir am längsten geübt“, erzählt Darstellerin Elisa Kaiser. Aber die Mühe hat sich gelohnt. Es hat funktioniert. Es habe Spaß gemacht, auf der Bühne stehen zu können, sagt sie. „Am schönsten war, dass ich einmal richtig laut losschreien durfte.“
Achilles-Darsteller Lukas Neimeyer war vor der Premiere am Freitag so aufgeregt, dass es ihm kurzzeitig die Sprache verschlagen hat. „Ich musste mein Handy rausholen, meine Musik hören und mich hinlegen“, erzählt er. Die Rolle habe ihn anfangs vor eine große Herausforderung gestellt. Privat sei er jedenfalls ganz anders als die Figur im Stück. Aber mit Hilfe des Lehrers und mit der leichten Umwandlung der Sprache habe er mehr und mehr in die Rolle gefunden. Den Text habe er beim Spielen gelernt, die Mimik vor dem Spiegel ausprobiert.
Am Tag der Premiere seien alle stolz auf ihn gewesen. „Mein Vater konnte gar nichts sagen, so begeistert war er. Und meine Mutter hatte wohl ein paar Tränen in den Augen“, berichtet Lukas Neimeyer. Auch die Lehrer hätten gestaunt, vor allem die der naturwissenschaftlichen Fächern, die dem Schüler weniger liegen.
„Ja, irgendwann wurde es ihr Stück“, meint Lehrer Achim Dawid. Er sei mehr als zufrieden mit seinen Schülern. Vieles habe sich in dem Jahr der gemeinsamen Arbeit verändert. „Sie fassen sich heute anders an als noch vor einem halben Jahr. Das ist über die Körperlichkeit beim Spiel und die Kampfszenen gekommen. Es gibt ein Urvertrauen“, sagt Dawid. Ein Team sei gereift.
Als am Ende noch einmal alle zusammensitzen und sich austauschen, unterbricht eine Frage kurz die Unterhaltungen. „Und wie lange hat es gedauert?“, fragt einer der Darsteller den Lehrer. „Eine Stunde und drei Minuten – also genau im Soll“, entgegnet der und erhält dafür Jubel und Applaus.
Am Freitag und Sonnabend, 7. und 8. März, 19 Uhr, spielt der zweite DS-Kurs die Kleist-Komödie „Amphitryon“. Beide Stücke werden am 21. März, 18 Uhr, noch einmal zur „Langen Nacht des Theaters“ aufgeführt.

Quelle: http://www.moz.de/lokales/artikel-ansicht/dg/0/1/1252597/ (Märkische Online Zeitung vom 04.03.2014)

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