#RememberLiberation

Zum 76. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen

„Seid vorbereitet. Die Freiheit, die Freiheit wird kommen, sehr schnell!“ Das sind die Worte, die Saul Oren Hornfeld zu seinen Mithäftlingen sagte, als er bei Nacht die russische Artillerie bereits ganz in der Nähe des KZ‘s Sachsenhausen hören konnte. Doch bevor es so weit war, wurde er mit vielen anderen Häftlingen des Konzentrationslagers auf den Todesmarsch Richtung Norden geschickt. Tatsächlich befreit wurde er erst in der Nähe Lübecks durch amerikanische Soldaten. Da war Saul Oren Hornfeld, der als 12-Jähriger ins KZ Auschwitz deportiert und von dort ins KZ Sachsenhausen verschleppt wurde, um hier als Versuchsobjekt für medizinische Experimente mit Gelbsucht missbraucht zu werden, sechzehn Jahre alt. So alt wie viele Schüler*innen der Klasse 10.1 des Louise-Henriette-Gymnasiums, die sich 76 Jahre später im Rahmen eines Projektes der KZ Gedenkstätte Sachsenhausen mit seiner Geschichte vertraut machen.

Die Tage der Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen sind für uns heute Tage des Erinnerns. Dabei geht es nicht um „Vergangenheitsbewältigung“ – eine ohnehin fragwürdige Vorstellung angesichts dessen, was in den Konzentrationslagern und im Deutschen Reich geschehen ist. Nein, es geht darum, Menschen und ihre Schicksale in Erinnerung zu rufen und zu bewahren.

Mit diesem Ziel haben sich am 12. und 13. April 2021 siebzehn Schüler*innen der Klasse 10.1 mit acht Biografien ehemaliger Häftlinge des KZ’s Sachsenhausen, die aus sehr verschiedenen Gründen verfolgt wurden, beschäftigt. Nach einer kurzen Einführung durch Claude Hoffelt und Astrid Homann – Mitarbeiter*innen der Gedenkstätte Sachsenhausen – wurden zahlreiche Dokumente, Briefe, Anträge und Erinnerungen gelesen, Fotos und Zeichnungen betrachtet und schließlich Kurzbiografien der Häftlinge verfasst. Um die acht Schicksale auch im Stadtbild sichtbar zu machen, sind im Rahmen des Projekts – unter Anleitung der Designerin Mirjam Winkler – Porträtfotografien der Häftlinge zu Stencils (Schablonen) verarbeitet und anschließend von den Schüler*innen auf große Plakatwände gesprüht worden. Diese Plakate hängen zusammen mit den Kurzbiografien vom 15. bis zum 19. April 2021 an den Straßenlaternen vom Bahnhof Oranienburg bis in die Gedenkstätte Sachsenhausen.

Nach seiner Befreiung spazierte Saul Oren Hornfeld mit einigen anderen ehemaligen Häftlingen frei durch Lübeck und er beschreibt ihre Gedanken so: „Wir wussten noch nicht, was das ist: Frei sein. Aber wir haben gedacht: Ist noch jemand da, am Leben? Er soll auf uns warten. Wir haben die Tragödie der Shoa in uns getragen.“

J. Reinert

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