Von der Frage zum Buch – wie Geschichte gemacht wird?

Der Historiker und Doktorand des ZZF Potsdam Jakob Saß zu Gast am Louise-Henriette-Gymnasium Oranienburg

Es ist die dunkelste Stunde der deutschen Geschichte, mit der sich Jakob Saß beschäftigt, aber sie ist ein Teil der Geschichte, mit der es sich auseinanderzusetzen gilt, um Lehren zu ziehen und eine demokratische sowie pluralistische Gesellschaft zu gestalten. Die bisherige Forschung fokussierte sich auf die Opfer, die Strukturen und die Propaganda des Nationalsozialismus. Doch wer waren die Täter, die in den Konzentrationslagern die Massenverbrechen anordneten? Wie wurden sie ausgebildet und aus welchem Milieu stammten sie? Um diese Fragen zu klären, ging der Historiker mit dem Geschichts-Wahlpflichtkurs Klasse 9 auf Spurensuche und erklärte gleichzeitig, wie sein Buch über Adolf Haas mit dem Titel „GEWALT, GIER UND GNADE: Der KZ-Kommandant Adolf Haas und sein Weg nach Wewelsburg und Bergen-Belsen“ entstand.  Dem erfolglosen Bäcker Adolf Haas bot die SS alles, was er wollte: Karriere, Macht, Wohlstand und Affären. Dafür war er zu allem bereit, auch zum Massenmord. Trotz geringer Bildung stieg Adolf Haas seit 1932 rasch in Himmlers erträumter „Elitetruppe” auf. Gewaltbereitschaft und Gehorsam ebneten ihm den Weg von der ländlichen SS im Westerwald bis zu den Terrorstätten des Nazi- Regimes. Als KZ-Kommandant von Niederhagen/Wewelsburg (1940–1943) und Bergen-Belsen (1943–1944) scherte er sich kaum um Hygiene oder die Versorgung der Häftlinge, umso mehr um seine eigenen Vorteile.

Quelle: R. Reinhardt

Den Bezug zu Oranienburg sollten die Schülerinnen und Schüler selbst rekonstruieren, denn Jakob Saß brachte Originalquellen mit, unter anderem einen handgeschriebenen Lebenslauf von Adolf Haas, den es zu transkribieren galt und in dem er von seinem Aufstieg in der SS berichtete. Da Haas 1940 auch einige Monate als Schutzhaftlagerführer im KZ Sachsenhausen verbrachte, nahm sich der Workshop für dieses Thema besonders viel Zeit. Mit einer Kapitellesung wurde etwa die Ausbeutung von künstlerisch und handwerklich begabten Häftlingen in den Konzentrationslagern thematisiert. Im Anschluss analysierten die Schülerinnen und Schüler eine Bildquelle, die Haas in SS-Uniform zeigte, und bestimmten anhand des Kragenspiegels den damaligen SS-Dienstgrad und somit Aufnahmezeit und -ort des Fotos.

Für die Schülerinnen und Schüler war es einmal mehr eine neue Sichtweise auf die Zeit des Nationalsozialismus und ihrem Heimatort sowie eine lehrreiche Erfahrung, wie Geschichte öffentlich gemacht wird.

Kommentare sind geschlossen.

Betrieben von WordPress | Theme: Baskerville 2 von Anders Noren.

Nach oben ↑