Dass der Rat der Götter sich selbst erhöht und deswegen auf leere Bierkästen steigt, verblüffte das Publikum in der dicht gefüllten Aula des Louise-Henriette-Gymnasiums. Der Grundkurs Darstellendes Spiel unter der Regie von Manuela Möhring-Volmer trat auf. „Wir zeigen eine Tragödie“, behaupteten die 16 Schülerinnen und Schüler, die monatelang an „Iphigenie auf Tauris“ gearbeitet hatten, in ihrem Flyer. Eigentlich, erzählte die Lehrerin, sei schon die Wahl des Stücks ein Akt der Toleranz gewesen. Die Akteure aus der 12. und den 13. Klassen hatten sich nicht zwischen Kleist und Brecht entscheiden können. Patt. Und dann eben die Wahl der „Iphigenie“ und damit eines Stücks, in dem der Gegensatz zwischen Schicksal und Selbstbestimmung Thema ist.
Alle Akteure waren in Schwarz und Grau gekleidet – der Tragödie angemessen. Die bunten Tücher aber waren wie Zeichen der Spielfreude, die bei allen, aber bei einigen der „göttergleichen“ Schauspieler ganz besonders, mitzuerleben war.
Es ist die Geschichte der Iphigenie, die von ihrem Vater Agamemnon auf Geheiß der Götter geopfert werden soll, damit sich die Truppen von Hellas endlich bewegen, um die geraubte Helena aus Troja zu holen.
Das Schauspiel hat Facetten vom Apfel des Paris bis zum Chor, der die Handlung begleitet. Schließlich wechselt Iphigenie 1, aus der göttlichen Umgebung gerettet, zu Iphigenie 2, die auf der Insel Tauris dem König der Barbaren die Menschenopfer vergällt. Vor allem, als ihr Bruder Orest und Freund Pylades auf der Insel stranden. Iphigenie hat genug von Bluttaten, dem Fluch der Götter. Sie findet pfiffig mit den Freunden und Hilfe der Athene den Weg von Tauris nach Hause.
Lena Ebert und Dominique Krönke gaben der Iphigenie ein Gesicht, hatten eine Menge Text zu bewältigen und sich in den vergangenen Monaten in die Struktur der historischen Sprache eingelebt. Die beiden sehen den Grundkurs trotz der Tragödie als Spaß und Abwechslung im Schulalltag.
Marian Brüssow als Barbarenkönig Thoas und als Apoll lebte seine Rollen richtig aus, ließ auch Ironie aufblitzen.
Genau wie Sebastian Sengpiel als Orest und versponnener Seher oder Max Balke, der am Schluss genüsslich den Apfel des Paris verspeiste. Beifall!
(Von Ina Nehls, MAZ 27.02.2012)