Geschichtsunterricht ist…

…Fragen zu stellen, die das Vergangene verständlich machen.

So geschichtsträchtig unser Haus Schulchronik nun einmal ist, so leidenschaftlich wird hier Geschichte unterrichtet. Und besucht man lang genug als Schülerin und Schüler unsere Schule, so wird man merken, dass Geschichte nicht nur das bloße Nacherzählen von längst Vergangenem ist, sondern immer auch ein Schlüssel zum Heute.

Unsere Schule trägt den Namen „Louise Henriette“. Ihr Wirken in der Stadt Oranienburg ist heute auch unser Programm: Erziehung und Bildung. Diese Wechselwirkung zwischen der Stadt Oranienburg, unserer Schule und unserer Namensgeberin vermitteln wir auch unseren Schüler/innen. Fotos des Schuljahres 2017/18 zum Projekttag Geschichte, die das Kunstwerk des holländischen Malers van Honthorst zum Gleichnis der Dido-Sage bezogen auf Louise Henriette nachstellen, hängen im Anbau. Mit den neuen Rahmenplänen integrieren wir Lokal- und Schulgeschichte stärker in die einzelnen Schuljahresplanungen. Häufig gehört auch ein Besuch des Kreismuseums Oranienburg zur historischen Bildung unserer Schüler und Schülerinnen.

Neben den verpflichtenden Rahmenplaninhalten werden in der 9. Klasse Facharbeiten in verschiedenen Fächern geschrieben. Natürlich kann hier auch ein Thema aus der Geschichte ausgewählt werden.

Seit Jahren bieten wir in der Sekundarstufe II mindestens einen oft sogar zwei Leistungskurse Geschichte an. Das zeigt sehr gut, wie gern unsere Schülerinnen und Schüler das Unterrichtsfach Geschichte mögen. Mit der neuen Oberstufenverordnung ab 2019/20 werden wir dann auch wieder einen Leistungskurs mit 5 Stunden pro Woche anbieten können.

Wenn sich genügend Schüler/innen finden, kommt auch ein bilingualer Geschichtskurs für den Wahlpflichtbereich in Klasse 9 zustande. 2017/18 war dies der Fall.

Im Schuljahr 2018/19 haben wir gemeinsam mit anderen weiterführenden Schulen der Stadt am „March of the Living“ in Auschwitz teilgenommen und dort gespürt und erlebt, dass die Erinnerung die Zukunft konstruiert.

Denn eines wissen alle Kolleg/innen im Haus: Geschichte lebt, durch die Orte, an denen sich Geschichte ereignet hat; durch die Menschen, die sie erlebt haben und durch möglichst authentische Zugänge zur Geschichte. Nicht zuletzt deshalb haben wir häufig Gäste im Haus, zuletzt Tamar Landau und Ruth Winkelmann, die uns viel erzählen konnten über ihr Leben als deutsche Jüdinnen in der Zeit des Nationalsozialismus.

Louise beim „March of the Living“

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Erfahrungen, Eindrücke, Erlebnisse, Erstaunen – das könnten Schlagworte sein, mit denen wir unsere Teilnahme am „March of the Living“ in Auschwitz charakterisieren könnten. Doch diese genügen nicht und es ist noch viel mehr: Es ist etwas, das jeder von uns nie vergessen und für immer im Herzen tragen wird. Dafür sind wir sehr dankbar. Was es genau ist, lässt sich nicht einfach beschreiben; versuchen wir es zunächst mit Fakten: Am 1.5.2019 sind wir –  Elftklässler in Begleitung von zwei Geschichtslehrern – in der Früh aufgebrochen mehr

Louise beim „March of the Living“ in Auschwitz

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Erfahrungen, Eindrücke, Erlebnisse, Erstaunen – das könnten Schlagworte sein, mit denen wir unsere Teilnahme am „March of the Living“ in Auschwitz charakterisieren könnten. Doch diese genügen nicht und es ist noch viel mehr: Es ist etwas, das jeder von uns nie vergessen und für immer im Herzen tragen wird. Dafür sind wir sehr dankbar. Was es genau ist, lässt sich nicht einfach beschreiben; versuchen wir es zunächst mit Fakten: Am 1.5.2019 sind wir – das sind Elftklässler in Begleitung von zwei Geschichtslehrern – in der Früh aufgebrochen, um gemeinsam mit anderen Schüler/innen der weiterführenden Schulen Oranienburgs, mit dem Bürgermeister, Alexander Laesicke, mit Jochen Feilcke, dem Impulsgeber dieser Reise und Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin und  Brandenburg e.V. und den ehrenamtlichen Guides von Morah (kurz gefasst: ein Verein zum Gedenken an die Shoa) eine Reise zu unternehmen. Wir fuhren nach Auschwitz/Polen, um einerseits am „March of the Living“ teilzunehmen, der seit etlichen Jahren an Jom haSho’a, dem Gedenktag an die Verbrechen, für die Opfer und Überlebenden der Shoah, in Auschwitz stattfindet, und andererseits aber durch ein Bildungsprogramm dieses „Event“ in seinen historischen Kontext einzubetten.

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Innerhalb von drei Tagen besuchten wir das Museum in Auschwitz, wir trafen uns mit Menschen aus aller Welt, um am Gedenkmarsch nach Birkenau teilzunehmen, wir erkundeten das Lager Birkenau, wir sprachen viel über das Gesehene, wir erlebten den Zeitzeugen Viktor Klein, der als ungarischer Jude Auschwitz überlebte und uns sein Leben und seine Philosophie mit auf unseren Weg gab, wir waren in dem ehemaligen Konzentrationslager Plaszów, wir besuchten Kasimierz, den jüdischen Stadtteil von Krakow, und bekamen auch ein paar historische Hotspots von Krakow gezeigt. Aber all das beschreibt nicht das, was wir erlebt haben bzw. was mit uns passiert ist. Das würde hier keinen Platz finden und ist auch keine kurz zu fassende Nachricht. Wir haben ein kleines Reisetagebuch angefertigt, darin kann man besser selbst nachlesen, was diese Reise uns bedeutet hat. Und das ist – kurz gefasst – das Wichtigste: Diese Reise bedeutet uns etwas.

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Wir wünschen vielen Schüler/innen, dass sie eine ebensolche Reise unternehmen können. Wir wünschen allen, die an dieser Reise teilnahmen, dass sie in der Lage sein werden, aus der Vergangenheit in der Gegenwart eine Aufgabe für die Zukunft zu entwickeln: Erinnern, bewahren und handeln. Wir bedanken uns bei der Stadt Oranienburg und dem Bürgermeister, bei Jochen Feilcke, bei allen Förderern und Unterstützern dieser Reise, bei Morah – dass sie uns so unkompliziert in die Organisation eingebunden haben, bei den Guides – und ganz besonders bei Itamar, der uns an vielen Stellen unserer Reise auf ganz persönliche Weise an seinem Gedenken durch seine Gebete für die Vorfahren hat teilhaben lassen. Wir hatten hervorragende Guides an den verschiedenen Orten unserer Reise und voller Eindrücke sind wir dankbar dafür, dass wir dabei sein durften. Wir werden erzählen und somit andere teilhaben lassen, um unserer Aufgabe gerecht zu werden, denn das ist es, was die Beschäftigung mit Geschichte bewirken soll. DANKE! (M.Möhring-Volmer/A.Dawid)

Projektfahrt nach Krakau „Auf den Spuren von Oskar Schindler“

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Sollten Fleischesser ihren Salat aus Salami zubereiten?

Diese Fragen diskutierten wir vor allem während unserer gemeinsamen Abendessen, bei denen wir die polnische Küche kennen lernen wollten. Rote-Bete-Suppe oder Piroggen werden – so unser Fazit – allerdings in Zukunft weder bei den Fleischessern noch bei den Veganern die Essgewohnheiten ändern.

Unsere Erinnerungskultur an die deutsche Geschichte hat sich jedoch während der Projekttage in Krakau möglicherweise geändert. Oskar Schindler, wer ist das? In den neunziger Jahren war der Name Oskar Schindler wohl jedem Schüler und jeder Schülerin in Deutschland bekannt. Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“ war ein Muss für den Geschichtsunterricht und im Gegensatz zu manch anderem historischen Hollywoodschinken schon damals eine auch von Historikern sehr beachtete und vielfach prämierte (7 Oscars) Geschichtsdarstellung des Holocausts.

Von uns Schülerinnen und Schülern kannte ihn niemand und so trafen wir uns, um zunächst den Film „Schindlers Liste“ anzusehen, in dem wir in mehr als drei Stunden Spielbergs Sicht auf Oskar Schindler vermittelt bekamen. Es ist einer der Filme, in denen das anschließende Gespräch zunächst nur aus Schweigen besteht. Daher sprachen wir tatsächlich erst wieder darüber, als wir uns am 23.01.2017 auf den Weg nach Krakau machten, wo wir seinen Spuren nachgingen. Wir erfuhren in eindrucksvollen und lebendigen Führungen, dass Krakau das Zentrum der europäischen Juden wurde, weil sie in dieser Stadt einfach nur Menschen waren. Neu war es für uns, anhand vieler Details zu erfahren, wie systematisch und perfide die Nazis in Krakau vorgingen, um das vom Generalgouverneur Hans Frank verkündete Ziel, aus Krakau eine judenfreie Hauptstadt zu machen, zu erreichen. Die Schaffung eines Ghettos mit einer Mauer, die bereits 1941 durch die Form der jüdischen Grabsteine ihr Schicksal symbolisierte, war ein wesentlicher Schritt auf dem Wege zur Vernichtung. Und es war ein Test: Wie würden sich die anderen Einwohner Krakaus verhalten, wie weit konnte man gehen? Erst dann wurde das eigentliche Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau errichtet, die dortige Gedenkstätte besuchten wir. Erschrocken waren wir darüber, wie oft der Name Oranienburg in den ausgestellten Dokumenten auftauchte. Das Wirtschaftsverwaltungshauptamt in Oranienburg galt als Bindeglied zwischen der Wirtschaft und den Konzentrationslagern. Zugleich erfuhren wir, wie in dieser unvorstellbaren Zeit die Menschen immer wieder versuchten, ein Stück Alltag zu retten, sei es durch einen kleinen Fußballplatz zwischen Häuserwänden im Ghetto oder das Malen von Bildern in Auschwitz.

Und immer spielte Oskar Schindler eine Rolle, historisch gesehen eine kleine, aber für die Juden bis heute eine sehr große und unvergessene. Er kam als Nazi und Geschäftsmann nach Krakau, er wollte vor allem Geld verdienen. Juden musste man nicht bezahlen, sie nur mit spärlichen Mindestrationen versorgen, das war sein Antrieb. Deshalb kaufte er die Emaille-Waren-Fabrik, um sich und seiner Familie ein Leben in Luxus zu ermöglichen. Anders als im Film, der seine Entwicklung zum Retter von mehr als 1.000 Juden nachvollziehbar darstellt, findet man in Krakau keine Erklärung für seinen Wandel. Oskar Schindler hat auf die ihm unzählige Male gestellte Frage, warum er dies getan hätte, nur einmal geantwortet: „Sie waren meine Freunde.“ Aber vielleicht ist er genau deshalb ein viel größerer Held, als es der Film versucht darzustellen.

Und noch etwas haben wir während des Projektes erfahren: Es gab nicht nur einen Oskar Schindler, es gab auch einen Julius Madritsch, er ermöglichte hunderten jüdischen Familien ein etwas würdevolleres Leben im Ghetto, sorgte in seiner Nähfabrik für koscheres Essen und dafür, dass Juden sogar ihre Feiertage ehren konnten. Auch half er vielen zur Flucht und rettete sie, vor allem Kinder, vor dem sicheren Tod. Oder einen polnischen Apotheker, der Tadeusz Pankiewicz hieß und die SS mit seinen privaten Ersparnissen schmierte, um die für Juden einzige Apotheke überhaupt weiter betreiben zu dürfen. Er rettete ebenfalls einige Menschen, indem er sie direkt vor dem Abtransport nach Auschwitz in seiner Apotheke versteckte. Und gerade diese Menschen werden uns neben Oskar Schindler in Erinnerung bleiben, allein dafür hat sich unser Projekt gelohnt.

(André Godomski und Juliane Zickuhr)

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