Oranienburg verdankt Louise-Henriette von Oranien nicht nur seinen Namen, sondern auch den Wiederaufbau sowie die Förderung und Unterstützung nach den Schrecken des 30jährigen Krieges.
Das Fischerstädtchen stand damals vor einer ungewissen Zukunft und hätte den Wiederaufbau alleine nur schwer bewältigen können.
Wer war diese Frau, der Oranienburg soviel zu verdanken hat?
Die Niederlande hatten sich im 17. Jahrhundert zu einer der führenden wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Kräfte Europas entwickelt, dieses fand am Hof des vorherrschenden Adelshauses der Oranier, dessen Ansehen mit der militärischen Stärke der Republik und deren internationalen Ansehen gewachsen war, seine Widerspiegelung. Auf Holland richtete sich der Blick der Eliten, und wer konnte, bewunderte vor Ort die aufblühenden Städte, ließ sich von der Fülle von Kunstschätzen sowie dem Geist der Freiheit und Toleranz in den Bann ziehen. Außerdem waren die Niederlande zur Schule Europas geworden, an die es den Nachwuchs vieler Regenten zum Studium zog.
Kindheit und Erziehung
Am 27. November 1627 erblickte Louise Henriette als älteste Tochter des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien (geboren 1584 Regierungszeit: 1625-1647), des niederländischen Generalstatthalters, und seiner Gemahlin, der Prinzessin Amalie von Solms-Braunfels (1602-1675), das Licht der Welt. Sie war Sproß des bedeutendsten Adelsgeschlechts in den nördlichen, von der spanischen Herrschaft befreiten Niederlanden sowie Nachkomme des Mythos „Wilhelm von Oranien“.br />Die politisch starken, wirtschaftlich und kulturell in ihrer Blüte stehenden Niederlande und das darauf basierende Selbstbewußtsein zumindest der oberen Gesellschaft prägten ebenso wie der „moderne“ und der weltoffene Lebensstil am Hof in Den Haag und die Familienverhältnisse die Jugend und Kindheit von Louise Henriette. Die Erziehung der Prinzessin erfolgte im reformierten Glauben in einem intakten familiären Umfeld, dem die dekadenten höfischen Ausschweifungen der Mehrzahl der barocken Herrscher fremd waren. Im Haag war sie von einerseits von einem relativ einfachen und genügsamen Hof umgeben, sowie andererseits von einer großen Pracht, so zum Beispiel von glänzenden Festen als auch von kunstvollen und repräsentativen Bauwerken.
Gemeinsam mit ihren Schwestern unterwies man Louise Henriette in den typischen Hausfrauenarbeiten und ließ ihr eine gute geistige Ausbildung zukommen. Freilich hielt man es selbst in den Niederlanden nicht für notwendig, adlige Mädchen wissenschaftlich auszubilden.
Wesentlichen Einfluß auf die Ausprägung des Wesens der Prinzessin hatte auch die Erziehung im Sinne der Liebe zu ihrer Familie sowie des steten Bewußtseins der Bedeutung des Hauses Oranien und der Verpflichtung dessen Interessen zu wahren. Zeitlebens stellte das Bekenntnis zum reformierten Glauben und die Bindung an ihre Familie und das Haus Oranien zwei Säulen dar, die sie unterstützen und die sie selbst unterstützte.
Von den fünf Schwestern der Louise Henriette erreichten nur drei, Albertine Agnes (1634-1696), Henriette Katharina (1637-1708) und Maria (1642-1688), das Erwachsenenalter. Besonders hingezogen fühlte sie sich jedoch zu ihrem einzigen Bruder Wilhelm.
Heiratsvorbereitungen
Entsprechend den damaligen Gepflogenheiten waren Heiraten zwischen Töchtern und Söhnen der Adelshäuser ein wichtiges Mittel um die Interessen der Adelshäuser zu sichern, also das Herrschaftsgebiet zu vergrößern, die eigene Machtstellung zu stärken und potentielle Bündnispartner zu verpflichten. Diese Ziele verfolgte auch Amalie von Solms-Braunfels, als sie für ihre Kinder, kaum das sie 10 Jahre alt waren, geeignete Partien ausfindig zu machen begann. Natürlich wurden weder ihre Töchter noch ihr Sohn nach ihren Wünschen gefragt, sie hatten sich den Wünschen der Eltern zu fügen.
Louise Henriette sollte nach dem Willen ihrer Mutter den Prinzen von Wales heiraten, diese Pläne zerschlugen sich jedoch mit der englischen Revolution. Möglicherweise wäre der Vater von Louise Henriette, der schwer erkrankt war, bereit gewesen, seine Tochter nicht in eine von ihr ungewünschte Ehe zu zwingen, nicht aber Louises Mutter, die ihr Ziel, sie möglichst politisch vorteilhaft zu verheiraten, nicht aus den Augen verlor. Der nächste potentielle Heiratskandidat war der junge Kurfürst von Brandenburg, Friedrich Wilhelm.
Jener hatte gerade seine Hoffnungen auf eine Heirat mit Königin Christina von Schweden fallen lassen müssen, und wandte sich nun nach Den Haag, welches er von seinem vierjährigen Studienaufenthalt in den Niederlanden noch in den besten Erinnerungen hatte. Dort lernte er damals – ohne ihr größere Aufmerksamkeit zu schenken – die damals 7jährige Louise Henriette kennen. Auf beiden Seiten spielten politische Ziele die entscheidende Rolle, Friedrich Wilhelm erhoffte sich von den mächtigen und ebenfalls evangelischen Oraniern Rückhalt in seinen Erbstreitigkeiten.
Das Werben des Kurfürsten um die Hand von Louise Henriette wurde besonders von ihrer Mutter mit Wohlwollen aufgenommen, nicht jedoch von der Umworbenen selbst, die ihm mitteilte, daß sie ihr Herz schon vergeben habe, worauf Friedrich Wilhelm aus Den Haag abreiste. Die seit ihrer ersten Begegnung vor 10 Jahren zu einer für ihre Schönheit gerühmte gewordene Prinzessin hatte sich in einen mit ihr entfernt verwandten französischen Adligen, der in der niederländischen Armee diente, verliebt. Trotz dessen gingen die Verhandlungen zwischen Amalie von Solms-Braunfels und der Mutter Friedrich Wilhelms weiter. Vor allem unter dem Druck ihrer Mutter mußte Louise ihre Liaison mit dem von ihr Auserwählten beenden, der nur den bedeutungslosen Titel eines „Prinzen von Tarent“ trug. Noch am Vorabend der Heirat, dem 6.12.1646, lehnte sie eine Heirat mit dem sieben Jahre älteren Friedrich Wilhelm ab, das läßt erahnen, wie schwer ihr die Einwilligung in die Ehe fiel.
Das Wirken der Kurfürstin
Nach der Hochzeit blieb Louise noch bis zum Tod ihres Vaters 1647 in Holland und folgte dann ihrem Mann in dessen Land. Zusammen mit ihm wollte sie das Land nach niederländischem Vorbild auf land- und handelswirtschaftlichem Gebiet voran bringen und aus den Ruinen des 30jährigen Krieges blühende Landschaften machen. Zu diesem Zweck wurden holländische Siedler und Handwerker mittels günstigen Konditionen ins Land geholt: sie bekamen viel Land und Steuererlässe bzw. -vergünstigungen. Dabei war der Kurfürstin das Amt Bötzow besonders an Herz gewachsen, seine feuchten, den Lauf der Havel einfassenden Wiesen erinnerten sie an ihre Heimat, worauf ihr Friedrich Wilhelm das Amt, mit allem was dazu gehört, schenkte. In Bötzow ließ Louise Henriette anstelle des alten Jagdschlosses 1652 ein Schloß namens „die Oranienburg“ im holländischen Stil errichten. Im Amt baute sie ein Musterbeispiel einer holländischen Milchwirtschaft auf, die als Vorbild für viele weitere in der Region diente.
Den Aufbau des mittlerweile in Oranienburg umbenannten Städtchens krönte Louise Henriette mit der Stiftung eines Waisenhauses im Jahre 1655.
Doch nicht überall in der Mark brachte die Ansiedlung von Holländern den gewünschten Erfolg. Trotz der Privilegien und der finanziellen Unterstützung, die die Siedler bekamen, zogen nicht wenige wieder weg, muß ihnen doch ihre neue Heimat im Vergleich zu den Niederlanden wie ein Trümmerfeld erschienen haben. Vielerorts brachten auch die Privilegien der Fremden die einheimische Bevölkerung gegen sie auf.
Quellenangaben
- „Onder den Oranje boom“ – Textband zur gleichnamigen Ausstellung, Hirmer Verlag, München 1999
- „Onder den Oranje boom“ – Bildband zur gleichnamigen Ausstellung, Hirmer Verlag, München 1999
- „Onder den Oranje boom“ – Informationsblätter der Stadt Oranienburg zur gleichnamigen Ausstellung, Oranienburg, 1999