Mit einem unprätentiösen, aber durchaus unterhaltsamen Festakt ist am Montag das 20-jährige Bestehen des Louise-Henriette-Gymnasiums in Oranienburg gefeiert worden. Zur Feier war auch der frühere Kommandeur des Hubschraubertransport-Regiments der Roten Armee, Sergej Nikolajewitsch Schewandin, gekommen.
Die kommissarische Schulleiterin Gabriele Schiebe begrüßt ihn auf russisch, Landrat Karl-Heinz Schröter (SPD) bezeichnet ihn als Freund. Für die heutigen Gymnasiasten ist Schewandin ein Mann aus dem Geschichtsbuch – wenn sie ihn überhaupt kennen. Als er im Frühjahr 1994 sein Büro in der Kommandantur des Hubschrauber-Regiments räumte, waren die jetzigen Abiturienten noch gar nicht geboren. Salopp gesagt, ist Schewandin ihr Vormieter. So unspektakulär das klingt, so bescheiden tritt Schewandin, der nach dem Abzug seines Regiments ins Moskauer Katastrophenschutzministerium wechselte, vor den Oranienburger Schülern auf. In seinem Grußwort zeichnet er relativ nüchtern nach, wie die Sowjetarmisten die Kommandantur vor 20 Jahren freiräumten, um Platz für das Gymnasium zu schaffen. Dann lobt er noch die Schüler für erreichte schulische und sportliche Erfolge, den Einsatz der Lehrer für die erfolgreiche Weitergabe von Wissen und überreicht Gabriele Schiebe einen Pokal, mit dem er der Schule zum Geburtstag gratuliert.
Den Part, Schewandins eigentlichen Wert in der Geschichte der Schule zu erläutern, übernimmt Landrat Schröter in seiner Festrede. Er erzählt, wie der Druck nach der Wende auf das Runge-Gymnasium wuchs. Immer mehr Schüler wollten dort unterrichtet werden. Ein zweites Gymnasium in der Stadt wurde gebraucht – und zwar schnell. Es sei damals eine „fixe Idee“ gewesen, das Stabsgebäude der sowjetischen Streitkräfte zur Schule umzubauen, erzählt der Landrat. Schließlich waren die Soldaten ja noch da. Doch so fix die Idee auch gewesen sein mag, so fix wurde sie umgesetzt.
Am 10. März 1994 trafen sich Vertreter von Stadt, Landkreis, Roter Armee und der Baufirma Kesting im Oranienburger Schloss, um den Umbau der Kommandantur zum Gymnasium vertraglich zu vereinbaren. Schon drei Wochen später begannen die Bauarbeiten bei laufendem Militärbetrieb. Der Schulbetrieb startete am 22. August desselben Jahres. Beim Festakt spricht Schröter von einem einzigartigen Konversionsprojekt, das „ohne die großartige Kooperationsbereitschaft der Streitkräfte, ohne mutige Stadtplaner und Investoren“ nicht zu Stande gekommen wäre. Und Schröter sagt auch ganz offen, wie Verhandlungen im Jahre 1994 so abliefen. „Da wurde auch Wodka getrunken, manchmal mehr, als eine Leber verarbeiten kann“, berichtet der Landrat, der damals offenbar ganz gut mithalten konnte, amüsiert. Vielleicht ist auch so zu erklären, warum es seinerzeit alles so unglaublich schnell über die Bühne ging. Heute braucht Schröters Bauordnungsamt jedenfalls bis zu neun Monate, um den Bauantrag für eine Schule zu prüfen, was selbst mutigen Stadtplanern den Angstschweiß auf die Stirn treibt.
Es waren wohl andere Zeiten damals. Daran erinnert auch Gabriele Schiebe, die schon vor 20 Jahren an der Schule lehrte. „Es war spannend und eine Herausforderung“, erinnert sie. Die Schule ging mit 423 Schülern in 16 Klassen ans Netz. Unterrichtet wurde zunächst auf einer Baustelle von 26 Lehrern. Ein Seitenflügel wurde erst zwei Jahre später fertig, die heutige Sporthalle war noch Zukunftsmusik. Der Sportunterricht wurde in der heutigen Aula abgehalten. „Hier war nur Hochsprung, Bodenturnen und Volleyball möglich“, erzählt Steffen Hennes, Absolvent des ersten Abiturjahrgangs, beim Festakt in einem Interview auf der Bühne. Viele Lehrer waren vor 20 Jahren schon an Bord. „Es war damals das jüngste Kollegium im ganzen Land“, sagt Interims-Schulleiterin Schiebe. Inzwischen seien zwar einige graue Haare und Falten hinzugekommen, von der Begeisterung der Anfangsjahre aber noch viel übriggeblieben. Das gute Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist offenbar weiterhin intakt. Das wird beim Festakt unter anderem bei einem amüsanten Duell deutlich, das sich Eleven und Pauker singend liefern.
Quelle: Märkische Online Zeitung (http://www.moz.de/bild-ansicht/dg/0/3/1331288/1020440252)